Fritz Eicher
Haku-un-kan-Kyudojo
Wie auch in den anderen Budo- Künsten gibt es beim Kyudo eine Anzahl von Regeln, die als Ausdruck der guten Manieren untereinander und des Respekts gegenüber dem Lehrer, der Tradition und dem Dojo anzusehen sind. Die hier aufgeführten Regeln stellen die wichtigsten dar, die jeder Kyudoka sowohl in Japan als auch in Europa beachten sollte. Diese Verhaltensanweisungen sind nicht nur traditionell zu begründen, sondern für die Übung grundsätzlich von Nutzen. Ein Anfänger im Kyudo kann noch nicht sofort mit dem Bogen üben, jedoch ist es ihm möglich, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu schulen, indem er sich darum bemüht, sich im Dojo nach der Kyudo- Etikette zu verhalten, und verstehen lernt, dass Kyudo nicht nur mit dem Bogen geübt werden kann.
Das Studium des Kyudo bedeutet permanente Arbeit an sich selbst sowohl im Dojo als auch im sonstigen täglichen Leben. Das Ziel eines ausgeglichenen Lebens lässt sich nicht ohne Anstrengung, Respekt vor anderen Menschen und Geduld erreichen. Maximen, wie dies erlangt werden kann, lauten in Japan z.B. „Beobachte Natur und Menschen aufmerksam und lerne“, „Sind Dein Blick und Dein Sinn klar, ist auch die Welt ordentlich und klar.“ Die nachfolgenden Regeln beschreiben in einigen Einzelheiten Verhaltensbereiche, um sich in diesem Sinne einem solchen Ziel zu nähern.
1. Beim Betreten und Verlassen des Dojo verbeugt sich der Kyudoka beim Eingang zuerst vor der Kamiza und dann vor den Anwesenden.
2. Beim Betreten des (Winter-) Dojo oder der Tatamimatten werden die Straßenschuhe vor der Tür gelassen/ ausgezogen.
3. Ein Kyudoka erscheint so zeitig im Dojo, dass zu Trainingsbeginn alle Vorbereitungen wie z.B. Anlegen der Kleidung, Bogenspannen, Dojovorbereitungen etc. abgeschlossen sind.
4. Beim Aufstellen zur Begrüßung stehen die fortgeschrittensten Mitglieder der Kamiza am nächsten.
5. Vor der Begrüßung sind alle zum Schießen notwendigen Geräte abzulegen z:b. Handschuh, Mune-ate, Tsurumaki etc.
6. Vor und nach der Übung begrüßt bzw. verabschiedet man den Lehrer mit einer Verbeugung. Diese persönliche Begrüßung sollte auch dann ausgeführt werden, wenn die Gruppe schon ein gemeinsames“ Rei“ ausgeführt hat.
7. Korrigiert ein Lehrer bzw. Älterer einen anderen Kyudoka, so verneigt sich dieser vor und nach der Korrektur und dankt für die erhaltenen Hinweise und Ratschläge (Verneigen ist besonders bei den japanischen Lehrern erforderlich).
8. Wenn man mit dem Lehrer sprechen möchte, nimmt man die gleiche Stellung ein wie er, d.h. man setzt sich, bevor man spricht, wenn der Lehrer sitzt bzw. steht ebenfalls, wenn er steht.
9. Das am weitesten links befindliche Mato ist dem Lehrer vorbehalten (Ochi Mato). Die folgenden Mato werden gemäß Grad bzw. Alter zugeteilt. Anfänger schießen gegen die am weitesten rechts liegenden Mato.
10. Bei Abwesenheit des Lehrers führt der jeweils in der Stellung nächste Schüler das Dojo und übernimmt solange dessen Pflichten.
11. Die Regeln zur Sicherheit innerhalb des Dojo sind unbedingt zu beachten, z.B. Schießfolge, Zurückholen der Pfeile etc.
12. An den im Dojo anfallenden Arbeiten und Aufgaben sollten sich alle Mitglieder entsprechend ihren Fähigkeiten arbeitsteilig beteiligen z.B. Bodenwischen, Matokleben, Azuchi- Pflege, Gerätewartung, Organisationsfragen Lehr- und Wettkampf- und Prüfungsveranstaltungen.
13. In Bereich der Abschusszone darf, ausgenommen über Korrekturen, nicht gesprochen werden. Für Pausen, Gerätewartung und Gespräche ist immer eine Fläche jenseits der Honza bzw. ein Nebenraum aufzusuchen.
14. Essen und Trinken ist nur in den Pausen gestattet. Rauchen ist nur in den Pausen und außerhalb vom Dojo erlaubt.
15. Es ist verboten, das Gerät eines anderen Schützen zu berühren oder gar zu benutzen. Ausnahmen kann der Eigentümer nach Rückfrage natürlich gestatten.
16. Bögen, Pfeile oder anderes Gerät werden untereinander so übergeben, dass sofort der übliche Haltegriff ausgeführt werden kann.
17. Die im Dojo getragene Kleidung sollte korrekt angelegt und sauber sein.
18. Der Handschuh und das Mune-ate werden im Kniesitz an- und ausgezogen. Ausnahme: Wenn der Boden die Kleidung beschmutzen könnte, z.B. im Freien.
19. Bevor die Pfeile aus dem Zielbereich zurückgeholt werden, wird der Handschuh abgelegt.
20. Es ist verboten, einem Schützen über den Pfeil zu sehen, es sei denn, dass er es ausdrücklich wünscht. Von diesem Gebot ist der Lehrer befreit.
21. Bis auf den Lehrer soll kein anderer Schütze einem anderen unaufgefordert seine Ansichten über einen Schuss kundtun bzw. eine Korrektur geben.